2021

Kultur.Forscher! 2021

Digitale Dimension und neuer Kulturraum

Die Weiterentwicklung des Kultur.Forscher!-Programms

Im Jahr 2021 standen der regionale Ausbau und die digitale Weiterentwicklung des 2008 eingerichteten Kultur.Forscher!-Programms in unserem Fokus. Neue Institutionen bereicherten das Programm mit neuen Impulsen und Erfahrungsräumen. 40 Schulen und Kulturinstitutionen bildeten 2021 das bundesweite Netzwerk aus Kultur.Forscher!-Institutionen, das seit 2016 von der Arbeitsstelle Kulturelle Bildung an Schulen (KuBiS) der Universität Marburg koordiniert und wissenschaftliche begleitet wird. Der Austausch fand dabei sowohl regional in den neun Regionalgruppen des Programms als auch überregional und länderübergreifend statt.

Die 2020 ins Leben gerufene Kultur.Forscher!-Regionalgruppe Ostwestfalen-Lippe (OWL) vergrößerte sich im zweiten Jahr ihres Bestehens, sodass nun acht Schulen und Kulturinstitutionen dieser Region aktiv am Programm teilnehmen. Netzwerktreffen fanden dabei – abhängig von der pandemischen Lage – jeweils im digitalen oder im analogen Raum statt. Damit haben die Kultur.Forscher! aus Ostwestfalen-Lippe nicht nur Flexibilität bewiesen, sondern zugleich auch verschiedene Austausch- und Kommunikationsformate erprobt und mit den hybriden Möglichkeiten Ästhetischer Forschung experimentiert.

Als neueste Regionalgruppe hießen wir 2021 die norditalienische Provinz Südtirol im Programm willkommen. Die Ausweitung ins deutschsprachige Ausland war ein Novum in der langen Programmhistorie und folgte dem Wunsch der Autonomen Provinz Bozen, so die amtliche Bezeichnung, auf Aufnahme in das Netzwerk. Wir versprachen uns von der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Südtirol eine Horizonterweiterung aller Netzwerkakteure in Bezug auf die Frage, was Kulturelle Bildung alles beinhaltet und wie sie im Schulunterricht gestärkt werden kann. Unsere jahrelange Zusammenarbeit mit Kultur.Forscher!-Akteuren aus ganz Deutschland hat uns gezeigt, dass bundeslandspezifische Einflüsse und Rahmenbedingungen, verschiedene Schultypen und sozioökonomische Kontexte ausgesprochen anregend sind und nicht selten neue Impulse für die Ästhetische Forschung evozieren. Insofern waren wir überzeugt, dass der bilinguale, aber deutsch bzw. österreichisch geprägte Kulturraum Südtirol besondere Erfahrungen sowie andere Perspektiven in das Programm einbringen würde, und haben die südtiroler Kollegen gerne aufgenommen.

Noch bevor die Arbeit in der Regionalgruppe Südtirol offiziell aufgenommen wurde, begrüßten wir die ersten Akteure aus der Region bereits beim Online-Thementag „Kultur.Forscher! digital: Innovative Perspektiven fürs Ästhetische Forschen“. Der digitale Raum machte die Teilnahme der neuen Kultur.Forscher! kurzfristig und auch über größere Entfernungen hinweg möglich. Der Thementag fand virtuell im „Kultur.Forscher!-Labor“ – kurz: Ku.Fo!-Lab – statt, das eigens für den virtuellen Austausch im Programm errichtet worden war. Auf diese Weise erhielten die Vertreter der neuen Südtiroler Regionalgruppe einen ersten Eindruck von den digitalen Räumen der Kultur.Forscher! und konnten direkt in die Netzwerkarbeit einsteigen.

Ziel des Online-Thementages war es, den Kultur.Forschern! Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen, digitale Tools nicht nur rein funktional zu nutzen, sondern auch über kreative Gestaltungsmöglichkeiten des virtuellen (Kultur-)Raumes nachzudenken. Software-Entwicklerin Paula Ritter begleitete den Thementag als Expertin. Sie erläuterte den Zuhörern, welche Elemente einen virtuellen Raum beeinflussen und wie Software entsteht. Dabei erklärte sie auch, dass das iterative Vorgehen bei der Softwareentwicklung dem Prozess der Ästhetischen Forschung sehr ähnlich ist. Deshalb bedürfe es auf beiden Feldern, so Netzwerkkoordinatorin Anne Grabosch, einer offenen Fehlerkultur, der (Selbst-)Reflexion und des Feedbacks, um im Entwicklungs- bzw. Forschungsprozess weiterzukommen.

Der analoge Raum blieb gleichwohl ein wichtiges Handlungsfeld für die Kultur.Forscher!. Damit während des Online-Thementages das haptische Erleben nicht zu kurz kam, erhielten alle Teilnehmer im Voraus Materialpakete mit Klemmbausteinen. Während der Workshops wurden diese genutzt, um den Prozess des Programmierens anhand von sog. „User Stories“ zu erlernen. Die Teilnehmenden erhielten nacheinander verschieden Aufgaben, wie z.B. die Konstruktion einer Brücke unter Beachtung von Anforderungen verschiedener Brücken-‘User‘. Die Aufgaben mussten jeweils mit den Klemmbausteinen umgesetzt werden. Dabei fiel auf, wie unterschiedlich die finalen Konstrukte trotz einheitlicher Vorgaben waren. Auch wenn sich bei der Ergebnispräsentation die ‚Schwachstelle‘ des virtuellen Raumes zeigte, weil herumzugehen und die dreidimensionalen Konstruktionen der anderen anzufassen nicht möglich war, werteten wir das Experiment des hybriden Workshops doch geglückt: Alle Teilnehmer hatten erkannt, dass es beim Programmieren ebenso wie beim Ästhetischen Forschen viele Wege zum Ziel gibt.

Seit dem gelungenen Online-Thementag fiebern alle Kultur.Forscher! der ersten Überregionalen Netzwerktagung in Präsenz nach zwei Jahren Pandemie entgegen. Stattfinden soll sie im Mai 2022 unter dem Motto „Der andere Ort“ in Minden. Im Fokus werden (analoge) Kultur-Räume und außerschulische Lernorte stehen. Die gastgebenden Institutionen, das Ratsgymnasium und das LWL Preußenmuseum, werden ihre Kooperation „SiMMiS“ (Schule im Museum, Museum in der Schule) präsentieren. Da sich unsere Gedanken viele Monate lang vor allem auf digitale Kulturräume konzentriert haben, erhoffen wir uns von der Tagung Impulse zu zeitgemäßer Schularchitektur, musealen Lernräumen und gelungenen Kooperationen von schulischen und außerschulischen Institutionen.

„Es ergibt keinen Sinn, das Digitale so entwickeln zu wollen, dass es das Lustvolle des Analogen ersetzt. Wichtiger ist herauszufinden, wo es ergänzen und neue Möglichkeiten öffnen kann.“

Ein Kultur.Forscher!-Akteur während des Online-Thementages am 24.09.2021

Programmpartner: Arbeitsstelle KuBiS der Universität Marburg

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Credits

Textgrundlage: Wirkungsbericht der PwC-Stiftung 2021 (Im Erscheinen).